Die bnn veröffentlichte in der Samstagsausgabe vom 04.12.2021 zum Thema: Tag des Ehrenamtes

Ein tolles Portrait über RSV Ehrenpräsident Karl-Heinz Kaiser

Dem Nachwuchs besonders nah

Karl-Heinz Kaiser zieht beim RSV Ellmendingen seit Jahrzehnten erfolgreich die Fäden

Keltern. Den ganz großen Rummel um seine Person versucht Karl-Heinz Kaiser so gut es geht zu vermeiden. Wo sich andere Sportfunktionäre und Vorsitzende gerne in den Vordergrund drängen und jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um ihren Verein bestmöglich ins Rampenlicht zu rücken, zieht der Geschäftsführer des RSV Ellmendingen die Fäden lieber dezent im Hintergrund. Und das erfolgreich, seit vielen, vielen Jahren.
250 Mitglieder zählt der Radsportverein „Schwalbe“ Ellmendingen heute. 70 von ihnen sind Jugendliche. Die Liste an nationalen und internationalen Erfolgen der RSV-Fahrer hat sich in den vergangenen Jahren stetig verlängert. Das freut auch Karl-Heinz Kaiser. Und wenn er darüber nachdenkt, dass der Verein wo- möglich längst einer der ältesten in Deutschland und weit über die Grenzen Pforzheims und des Enzkreises hinaus bekannt ist, macht ihn das durchaus stolz. Vor allem dann, wenn sich der 79- Jährige daran erinnert, wie alles einmal angefangen hat.
Zwölf Jahre ist er alt, als die regionale Radsportgröße Emil Müller die ersten Räder organisiert. Fortan fährt Kaiser auf dem Sportplatz um Strohballen.„Das waren quasi meine ersten Radrennen.“ Als 1956 in Ellmendingen die deutsche Straßenmeisterschaft ausgetragen wird, ist Kaisers Interesse an der Sportart endgültig geweckt. Ein Jahr später kauft er sich sein erstes gebrauchtes Rennrad, zahlt es in Raten ab. Anders ist das auch nicht möglich, bei einem Ver- dienst von 48 D-Mark im Monat. Die Straßen rund um Ellmendingen, jenem Ort, dem der in Pforzheim geborene Ehrenvorsitzende bis zum heutigen Tag treu geblieben ist, gehören damals den Radfahrern.
Drei Jahre lang fährt Kaiser bei den Junioren, später bei den Amateuren des TuS Ellmendingen. Besonders erfolgreich, das gibt er offen zu, sei er aber nie gewesen. Und so beginnt er mit 18 Jahren, erste Verwaltungsarbeiten im Verein zu erledigen und zieht Ende der 1960er-Jahre die ersten Radrennen auf. Die Organisation von Veranstaltungen ist auch das, was er heute noch gerne macht. „Aber natürlich nicht allein, sondern mit guten Freunden.“ Rene Knaack ist seit jeher ein treuer Begleiter. Die beiden sind es letzt- endlich auch, die eines Tages beschließen, mit dem Radsportverein Ellmendingen eigene Wege zu beschreiten.
Eines verliert Karl-Heinz Kaiser bei allem ehrenamtlichen Engagement nie aus den Augen: den Nachwuchs. Am 1997 initiierten Erdgas-Schüler-Cup, der inzwischen BaWü-Schüler-Cup heißt, hat er maßgeblichen Anteil. „Die Jugendarbeit war mir schon immer das Wichtigste. Es ist schön zu sehen, was die Kinder für Fortschritte machen und wie sie die Sicherheit mit dem Rad gewinnen.“ Auch für sozial schwächere Familien setzt er sich ein. So erhalten Kinder, die sich kein eigenes Fahrrad leisten können, Bahn- und Straßenräder vom Verein. Für Kaiser, der seit einem Fahrradunfall vor fünf Jahren selbst nicht mehr fährt, ist das ei- ne Selbstverständlichkeit.
Als 2015 die Flüchtlingswelle Deutschland erreicht, wollen auch Kaiser und die anderen Mitglieder helfen. Beim Gedanken an damals wird seine Stimme leise. Seine Worte lassen dafür laut aufhorchen. „Als Angela Merkel gesagt hat, ,wir schaffen das’, da habe ich mich auch auf- gefordert gefühlt“, sagt Kaiser, der statt „Flüchtlinge“ lieber den Begriff „Neubürger“ verwendet. Er krempelt die Ärmel hoch, organisiert bei Händlern rund 15 Mountainbikes und verschenkt diese. Seine Frau gibt im eigenen Wohnzimmer Sprach-Unterricht. Es sind Gesten mit großer Wirkung, für die Kaiser weder Lob noch Anerkennung möchte. Statt- dessen sagt er: „Es war schlicht notwendig, zu helfen.“
Den Verein, seit mehr als 60 Jahren plant und organisiert Kaiser Radrennen, sieht er für die Zukunft gerüstet. Längst gibt es ein großes Team, auf das sich die RSV-Mitglieder verlassen können. „Ich bleibe gerne im Hintergrund. Der Erfolg eines Vereins ist nie der einer einzelnen Person. Man braucht natürlich einen Motor. Aber es braucht ebenso viele und sehr gute Wegbegleiter.“
Momentan ist er anlässlich des 125-jährigen Bestehens des RSV Ellmendingen, das im kommenden Jahr groß gefeiert werden soll, damit beschäftigt, Grußworte für das Festbuch einzuholen. Im März 2022 steht obendrein der 80. Geburtstag von Karl-Heinz Kaiser an. Einen Tag lang rückt der Jubilar dann in den Mittelpunkt. Ob er will oder nicht. Und auch wenn er den großen Rummel vermutlich lieber gern vermeiden würde.
Artikel von bnn Redaktionsmitglied Frank Seyen

Foto: Dagmar Grupp

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